Altsysteme kosten mehr, als Sie denken: Die versteckten Kosten veralteter IT-Infrastruktur

Emanuel Böminghaus, Legacy System Experte, Geschäftsführer AvenDATA

Emanuel Böminghaus

Legacy System Experte
Geschäftsführer AvenDATA
In vielen Unternehmen laufen sie im Hintergrund still weiter: Altsysteme, die eigentlich längst außer Betrieb sein sollten, aber „noch gebraucht werden“, „noch nicht ganz migriert wurden“ oder „für den Notfall“ verfügbar bleiben sollen. Ob altes ERP-System, Alt-Fibu, eigenentwickelte Branchenlösung oder veraltetes HR-Tool – solange ein Altsystem noch irgendwo läuft, verursacht es Kosten. Und zwar nicht zu knapp.
Was vielen IT- und Fachverantwortlichen nicht bewusst ist: Die tatsächlichen Kosten veralteter Systeme liegen oft nicht in den sichtbaren Budgets, sondern in einer Vielzahl versteckter Aufwände, Risiken und Ressourcenbindungen, die sich über Jahre summieren.

Versteckte Lizenz- und Betriebskosten

Auch wenn ein Altsystem nicht mehr produktiv genutzt wird, entstehen weiterhin Lizenzkosten – sei es durch laufende Wartungsverträge, Nutzerlizenzen oder Drittanbieter-Software, die nur wegen des Altsystems weitergeführt werden muss. Besonders kostenintensiv sind alte ERP-Systeme, deren Lizenzmodelle oft an produktive Nutzung gebunden sind, auch wenn nur noch lesender Zugriff notwendig wäre. Ähnliches gilt für Datenbanken, die nach CPU- oder Named-User-Modellen lizenziert werden – selbst dann, wenn sie nur noch zur Datenhaltung für Altsysteme dienen.
Auch ECM- und Archivsysteme, die ursprünglich zur revisionssicheren Ablage eingesetzt wurden, können in die Jahre gekommen sein und verursachen hohe Betriebskosten, solange sie für einzelne Altprozesse weiterlaufen müssen. Die Lizenzmodelle solcher Systeme sind oft historisch gewachsen, schwer kündbar und nur mit großem Aufwand umzustellen. Dabei steht der Kostenaufwand häufig in keinem Verhältnis mehr zum tatsächlichen Nutzen.
Hinzu kommen Infrastrukturkosten: Rechenzentrumsfläche, Virtualisierungsressourcen, Speicherplatz und Backup-Kapazitäten, die einzig dafür vorgehalten werden. Selbst wenn die Nutzung gering ist, erzeugt die fortlaufende Bereitstellung Stromkosten, Klimatisierungsaufwand und Hardwareverschleiß. In Cloud-Umgebungen können Altsysteme zu sogenannten „Zombie-Kosten“ führen: Virtuelle Maschinen, Datenbanken oder Objektspeicher, die nicht aktiv gebraucht werden, aber kontinuierlich Rechnungen verursachen.

Wartung und Fehleranfälligkeit: Kostenfaktor Instabilität

Veraltete Software ist oft nicht mehr wartbar – entweder, weil der Hersteller den Support eingestellt hat oder weil Know-how und Dokumentation fehlen. Wenn dann doch ein Fehler auftritt, kostet jede Analyse überproportional viel Zeit. Kommt es zu Ausfällen, müssen manuell Workarounds entwickelt oder Daten mühsam extrahiert werden. Die Folge: Produktivitätsverluste, Eskalationen, Notlösungen – all das bindet intern Ressourcen und verursacht extern oft hohe Dienstleistungskosten. Je älter das System, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Kompatibilitätsproblemen mit neuer Hardware, Betriebssystemen oder Sicherheitslösungen. Unternehmen geraten dadurch in technologische Abhängigkeit von veralteten Komponenten mit unkalkulierbaren Kostenfolgen.

Dauerhafte Personalbindung durch Know-how-Abhängigkeiten

Ein häufig unterschätzter Aspekt: Solange Altsysteme weiterlaufen, braucht es Personal, das sich damit auskennt. In vielen Fällen sind das einzelne Spezialisten oder ehemalige Projektmitarbeiter, die „noch wissen, wie man damit umgeht“. Dieses Wissen ist oft nicht dokumentiert, schwer übertragbar und stark personengebunden. Dadurch entsteht eine latente Abhängigkeit – gerade in Zeiten von Fachkräftemangel oder Ruhestandswellen ein erhebliches Risiko. Auch neue IT-Mitarbeiter müssen sich einarbeiten, was bei alten Systemen ohne Schulungsunterlagen und ohne funktionierenden Support extrem zeitaufwändig ist. Die Folge: hohe interne Aufwände ohne Produktivnutzen.

Sicherheitsrisiko Altsystem: Kosten durch Cyber-Bedrohungen

Ein weiterer kritischer Punkt ist die IT-Sicherheit. Altsysteme verfügen in der Regel nicht mehr über aktuelle Patches, verwenden veraltete Verschlüsselungstechniken oder unsichere Schnittstellen – oft ist der Zugangsschutz rudimentär oder gar nicht vorhanden. Die Absicherung solcher Systeme verursacht Aufwand, sei es durch dediziertes Netzwerksegmentieren, Firewall-Regeln, zusätzliche Monitoring-Systeme oder interne Prüfprozesse. Alternativ wird das Risiko „akzeptiert“ – mit potenziell katastrophalen Folgen im Ernstfall: Datenverlust, Ransomware-Angriffe oder Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen. Selbst wenn nichts passiert, bindet allein die Notwendigkeit zur regelmäßigen Sicherheitsprüfung eines nicht mehr genutzten Systems Kapazitäten und verursacht unnötige Kosten.

Unklare Zuständigkeiten und Projektverzögerungen

Nicht selten führt ein weiterbetriebenes Altsystem auch zu strategischen Verzögerungen. Solange das System noch lebt, werden neue Prozesse darum herum gebaut, Schnittstellen künstlich am Leben erhalten oder Innovationen verschoben. Das hat zur Folge, dass Unternehmen sich selbst blockieren – sei es beim Umstieg auf moderne Plattformen, der Einführung neuer BI-Lösungen oder der Automatisierung von Prozessen. Die IT-Landschaft bleibt komplex, fragmentiert und innovationsfeindlich – mit langfristig negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit.

Fazit: Stillgelegte Systeme verursachen weniger Aufwand als weiterbetriebenes Altgerät

Wer Altsysteme nicht rechtzeitig stilllegt und archiviert, zahlt dafür mit schleichenden, aber erheblichen Mehrkosten: für Lizenzen, Strom, Wartung, Sicherheitsmaßnahmen und gebundenes Personal. Hinzu kommen strategische Bremswirkungen und technologische Risiken. Die Lösung liegt in der professionellen Archivierung: Daten und Dokumente werden extrahiert, rechtskonform gesichert und über ein separates Archivsystem dauerhaft zugänglich gemacht – ohne die technischen, finanziellen und sicherheitstechnischen Altlasten des ursprünglichen Systems. Eine solche Archivierung ist nicht nur günstiger als der Weiterbetrieb – sie schafft zudem Rechtssicherheit, entlastet die IT und ermöglicht Unternehmen, sich zukunftsorientiert aufzustellen.

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