Von der Altlast zum Vorteil: Wie Sie mit archivierten Daten echten Mehrwert generieren

Emanuel Böminghaus, Legacy System Experte, Geschäftsführer AvenDATA

Emanuel Böminghaus

Legacy System Experte
Geschäftsführer AvenDATA
Für viele Unternehmen ist Archivierung in erster Linie ein Compliance-Thema: Daten werden aufbewahrt, weil gesetzliche Vorschriften es verlangen. Doch wer Archivierung nur als Pflicht versteht, verschenkt enormes Potenzial. Denn gerade in Alt- und Bestandsdaten steckt oft mehr als bloßer Nachweiswert. Richtig genutzt, können archivierte Daten zu einer wertvollen Ressource werden – für Analysen, Automatisierung, Prozessoptimierung und strategische Entscheidungen.

Archivierte Daten sind mehr als Aufbewahrungspflicht

Archivierung bedeutet nicht nur, Daten zu sichern und für Betriebsprüfungen bereitzuhalten. Es bedeutet auch, Informationen dauerhaft strukturiert zugänglich zu machen – unabhängig vom ursprünglichen System. Dadurch entsteht die Möglichkeit, auf historische Datenbestände zentral zuzugreifen, sie zu analysieren und kontextbezogen auszuwerten.
Gerade bei der Stilllegung von Altsystemen wie ERP-, HR- oder Produktionssystemen bleibt oft ein Datenschatz zurück, der nicht mehr in operativen Prozessen genutzt wird, aber dennoch wertvolle Informationen enthält. Ob Absatzstatistiken, Kundenhistorien, Einkaufsverhalten, Maschinenlaufzeiten oder Projektkalkulationen – viele dieser Daten sind geeignet, um Trends zu erkennen, Prozesse zu verbessern oder Planungen zu präzisieren.

Datenanalyse aus Archivsystemen

Moderne Archivlösungen bieten heute deutlich mehr als reine Suchfunktionen. Über strukturierte Exporte, standardisierte Schnittstellen oder integrierte Analysefunktionen lassen sich archivierte Daten gezielt auswerten. So können beispielsweise historische Buchungsdaten für interne Controlling-Zwecke herangezogen werden oder Vertriebszahlen aus vergangenen Jahren für Forecast-Vergleiche.
Auch Business-Intelligence-Werkzeuge können mit archivierten Daten arbeiten, sofern diese in geeigneter Form aufbereitet wurden. Wer frühzeitig auf ein systemunabhängiges, strukturiertes Archivsystem setzt, schafft die Grundlage für spätere Nutzungen – weit über den eigentlichen Archivierungszweck hinaus.

Künstliche Intelligenz und Mustererkennung

Archivierte Daten bieten ein ideales Trainingsfeld für KI-Anwendungen. Anders als Live-Daten unterliegen sie keiner permanenten Veränderung und können in großen Mengen verfügbar gemacht werden. Dies ermöglicht, Algorithmen zu trainieren – etwa zur automatischen Klassifikation von Belegen, zur Betrugserkennung oder zur Prozessoptimierung.
Besonders interessant ist der Einsatz von KI für Dokumentenerkennung und semantische Analyse. Alte Schriftstücke, gescannte PDFs, E-Mail-Korrespondenzen oder Vertragsdaten lassen sich mittels Natural Language Processing (NLP) auswerten, verschlagworten und thematisch clustern. Unternehmen können dadurch auf jahrzehntealte Informationen schneller zugreifen, ohne manuell in Akten oder Dateien suchen zu müssen.

Prozessdokumentation und Nachvollziehbarkeit

Ein oft unterschätzter Nutzen archivierter Daten liegt in der Prozessrekonstruktion. Gerade bei regulatorischen Fragen, internen Audits oder der Rekonstruktion von Vorgängen (z. B. bei Produkthaftung, Rechtsstreitigkeiten oder Compliance-Fällen) liefern Altdaten oft die einzigen verwertbaren Belege.
Wer den vollständigen Projektverlauf oder eine Lieferkette aus archivierten Informationen nachzeichnen kann, ist nicht nur rechtlich besser abgesichert, sondern auch organisatorisch im Vorteil. Archivierte Daten dienen damit auch als unternehmenshistorische Referenz – für Training, Verbesserung oder zur Wissenssicherung über Personalwechsel hinweg.

Archivierung als Grundlage für Digitalisierung

Die strategische Nutzung archivierter Daten ist auch ein Schritt in Richtung moderner Datenhaltung. Denn wer seine alten Daten sauber strukturiert, verschlagwortet und analysierbar archiviert, schafft automatisch Standards für neue Datenquellen.
So kann Archivierung auch als Vorbereitung für weitergehende Digitalisierungsvorhaben verstanden werden – etwa in Richtung automatisierter Reportings, Prozess-Mining oder digitaler Zwillinge historischer Geschäftsprozesse. Archivierung ist damit kein Endpunkt, sondern ein Ausgangspunkt für datengetriebene Weiterentwicklung.

Fazit: Wer archiviert, gewinnt – nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch Erkenntnis

Archivierte Daten sind kein totes Kapital. Richtig genutzt, entwickeln sie wirtschaftlichen, analytischen und organisatorischen Wert. Unternehmen, die Altsysteme nicht nur abschalten, sondern deren Daten aktiv in ein strukturiertes Archiv überführen, profitieren doppelt: Sie erfüllen ihre Aufbewahrungspflichten und schaffen gleichzeitig eine wertvolle Datenbasis für Analyse, Automatisierung und langfristige Wissenssicherung.
Archivierung ist nicht nur eine Entsorgungsstrategie für IT-Altlasten – sie ist ein strategischer Hebel für mehr Transparenz, Effizienz und Innovationsfähigkeit.

Sie planen ein Altsystem zu archivieren?